Es ist schon einige Jahre her.
1961 wurde das sog Milgram Experiment zum ersten Mal durchgeführt.
Vielleicht haben Sie ja davon bereits gehört.
Milgram wollte untersuchen, ob der blinde Gehorsam der Deutschen im Nationalsozialismus sozialpsychologisch erklärt werden kann.
In seinem Experiment ging es darum, dass freiwillige Versuchspersonen einem Schüler Fragen stellen und diesen bei falschen Antworten mit Elektroschocks bestrafen. Dabei wurde die Testperson wiederum von einer anderen Testperson überwacht, die in einer Autoritätsfunktion war.
Außer den Probanden wussten sowohl die Schüler als auch die Versuchsleiter, also diejenigen, die in der Autoritätsrolle waren, dass sie in einem Experiment waren. Nur die Probanden wussten nichts davon, also diejenigen, die Elektroschocks geben sollten.
Das gesamte Experiment war damit eine große Inszenierung. Außer den Testpersonen waren alle Teilnehmer in das Experiment eingeweiht und mussten gute schauspielerische Leistungen erfüllen.
Die vermeintlichen Schüler, die den Stromschlägen ausgesetzt wurden und die ja gebrieft waren hatten ca. folgende Instruktionen: Bei 75 Volt gab es einen Grunzlaut. Bei 120 Volt kamen Schmerzensschreie. Bei 150 Volt sagte der Schüler, er will nicht mehr weiter an dem Experiment teilnehmen. Ab 200 Volt gab es heftige Schreie. Ab 300 Volt weigerte sich der Schüler weiter Antworten zu geben. Und ab 330 Volt herrschte totale Stille.
Falls eine der Testpersonen Zweifel bekam, ob sie mit den Stromschlägen weitermachen sollte, wurden diese von den Versuchsleitern dazu aufgefordert weiterzumachen. Die Versuchsleiter waren ebenfalls sehr bewusst gewählt worden, denn sie mussten Autorität und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlen.
Von diesen wurden beispielsweise folgende Sätze benutzt:
„Bitte fahren Sie fort!“
„Das Experiment erfordert, dass Sie weitermachen.“
„Sie haben keine Wahl, Sie müssen weitermachen!“
„Auch wenn die Elektroschocks schmerzhaft sind, das Gewebe der Testpersonen wird keine dauerhaften Schäden davontragen, also machen Sie bitte weiter!“
„Ob es dem Schüler gefällt oder nicht, Sie müssen weiter machen bis er alle Wörterpaare korrekt gelernt hat. Also machen Sie bitte weiter!“
Falls dann die Testperson nachfragte, wer denn hier die Verantwortung übernimmt, gab es immer die Garantie, dass der Versuchsleiter die volle Verantwortung trägt – und eben nicht die Versuchsperson.
Vielmehr Beschreibung über das Ursprungsexperiment will ich an dieser Stelle gar nicht geben. Es gibt das Experiment auch in Buchform und es wurde auch in Deutschland verfilmt mit bekannten Schauspielern wie z.B. Moritz Bleibtreu. Ich muss Sie vorwarnen. Ein sehr heftiger Film, der die Nerven strapaziert. Wobei Sie wissen müssen, dass die Filmversion vom realen Experiment abweicht und überzogen bzw. dramatisiert wurde.
Nun ist noch die Frage offen: was war denn das Ergebnis bei diesem Experiment?
65 % der Testpersonen hatten die Elektroschocks bis zum Höchstwert von 450 Volt durchgezogen. 450 Volt wurden dabei gekennzeichnet als extrem gefährlich.
Mit anderen Worten: 65 % der Testpersonen sind der Anweisung des Versuchsleiters gefolgt, obwohl sie sich der möglichen Auswirkungen, nämlich den Tod der Versuchspersonen bewusst waren.
Bemerkenswert war auch, dass 14 Versuchspersonen das Experiment zwar früher abbrachen, ABER: erst ab Stromschlägen von 300 Volt.
Dieses Experiment wurde in unterschiedlichsten Variationen und in verschiedenen Kulturen weiter durchgeführt.
Spannend war für mich auch zu lesen, dass es keine Unterschiede gab, was das Geschlecht betrifft. Und auch nicht, um welchen Kulturkreis es ging.
Als Fazit bleibt festzuhalten:
Fast alle Menschen sind offenbar unter bestimmten Bedingungen bereit, einer Autorität zu folgen und nicht ihrem Gewissen. Das Milgram Experiment hat danach auch viel Beitrag dazu geleistet, weshalb Menschen z.B. zu Kriegsverbrechen fähig sind.
Falls Sie das Ergebnis überrascht, verständlich! Mich hatte es auch überrascht, als ich das erste Mal darüber gehört hatte. Da ich das Thema sehr spannend fand hatte ich mich vor 10 Jahren intensiv mit diesem Themenkomplex beschäftigt und unter anderem auch eine abgewandelte Light Version des Experiments in einem Führungskräfte Modul eingebaut.
Dreimal dürfen Sie raten mit welchem Ergebnis.
Ganz genau: die Teilnehmer waren im Nachgang selbst verblüfft, überrascht und schockiert, welche Grenzen sie in ihrem Verhalten bereit sind zu übertreten.
Das galt sowohl für diejenigen, die Autorität zeigen sollten als auch für diejenigen, die bereit waren, allen Instruktionen gegenüber gehorsam zu sein.
Und eine Sache möchte ich noch erwähnen an dieser Stelle. Es gibt beispielsweise auch Umfragen dazu, wie Menschen reagieren würden, wenn sie auf der Straße in unmittelbarer Nähe mitbekommen, dass jemand angegriffen oder beleidigt wird.
Sie dürfen sich selbst einmal fragen: Was wäre Ihre Antwort auf die Frage:
Würden Sie hier dazwischengehen?
Würden Sie jemanden beschützen?
Die meisten Menschen antworten mit Ja und zumindest glauben sie in dem Moment auch, dass sie das tun würden. Wie Sie vielleicht wissen oder ahnen, schaut die Realität alledings anders aus.
Auch dieser Aspekt gehört in diesen Themenkomplex.
Die psychologische Begründung lautet hier u.a., dass Menschen sich daran orientieren, was andere machen: wenn keiner einschreitet, dann fühlt sich die Mehrheit auch ok damit nicht einzuschreiten. Sie orientieren sich an der Mehrheit. Und nur wenige zeigen dann Rückgrat und Chuzpe und tun etwas.
Und damit wären wir auch beim Thema „Macht“.
Ich muss und will vorweg sagen: Macht ist per se nichts Negatives. Das wird jetzt einige vermute ich überraschen und zum Widerstand anregen ;-).
Macht ist nur in der deutschen Sprache negativ in der Assoziation.
In anderen Sprachen ist das nicht so. Denn Macht bedeutet de facto Einfluss haben bzw. Einfluss nehmen und das ist etwas völlig Legitimes. Jeder Mensch versucht in seiner jeweiligen Rolle Einfluss zu nehmen. Einfluss nehmen muss natürlich auch jede Führungskraft und muss dazu in der Lage sein. Die Frage ist ja nur WIE.
Es geht mir bei den folgenden Fragen nun darum, bei Ihnen zunächst einmal eine Awareness dafür zu schaffen, ein Bewusstsein darüber, welche Einflussformen existieren können, welche Sie überhaupt wahrnehmen. Und zwar bei anderen und natürlich bei sich selbst.
3 Fragen, die Sie sich selbst stellen können:
- Wann ist Ihnen persönlich das Thema Macht begegnet und welche Resonanz hat das bei Ihnen gehabt bzw. wie haben Sie reagiert?
- Wann waren Sie einmal in einer Situation (das können auch mehrere sein), in welcher Sie Macht ausgesetzt waren und hatten den Eindruck, dagegen handeln zu müssen, Widerstand leisten zu müssen, vielleicht hat sich Ihr Gewissen gemeldet oder einfach ihr gesunder innerer Widerspruch – aber: sie haben nicht gehandelt?
Falls Ihnen solche Situationen einfallen, dann denken Sie bitte einmal drüber nach: weshalb haben Sie nicht gehandelt? Was war der Grund? Versuchen sie dem auch auf den Grund zu gehen und eine Antwort zu finden.
- Wo genau haben Sie selbst Macht bzw. Einfluss ausgeübt und in welcher Form?
Kennen Sie Ihre präferierten Einflussmethoden?
So, und dabei will es auch belassen, ich will Sie hier nicht überfordern ;-).
Das sind elementare Fragen, um sich erst mal diesem Thema anzunähern.
Ich wünsche Ihnen dabei erhellende Momente und vor allen Dingen eine hohe Awareness für die Zukunft.
Und Sie wissen bereits, falls Sie Führungskraft sind, und nicht nur dieses Thema für Sie spannend ist, sondern Sie gerne bei Ihren Herausforderungen einen Sparringspartner an Ihrer Seite haben möchten, dann lassen Sie uns ins Gespräch gehen. Buchen Sie dazu gerne direkt ein Beratungsgespräch auf meiner Website unter free call. Darin besprechen wir Ihre Ausgangslage und wie wir zusammen arbeiten können
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