Authentizität

Ein Begriff, der seit einigen Jahren Hochkonjunktur erfährt, zumindest in der westlichen Welt.

Der Begriff stammt aus dem Griechischen „authentikós“.

Daher oftmals gleichgesetzt mit „echt sein“ oder auch „sich selbst sein“ oder „natürlich“ sein.

Wir alle haben mehrere soziale Rollen im Leben.

Was ist denn dann der „echte“ Mensch ohne jegliche Rolle???

Nicht umsonst sagte Oskar Wilde so schön

„Natürlichkeit ist die schwierigste Pose, die man einnehmen kann.“

Spielen wir nicht alle unsere Rollen, jeden Tag?

Tagein, tagaus entsprechen wir Erwartungen im Job (mehr oder weniger), erfüllen manches Klischee, erfüllen Status-Stereotypen im Büro oder spielen Rollen im Privaten, um anderen zu gefallen, sie zu provozieren oder beachtet zu werden – je nach Bedarf.

Aber ist das alles noch echt oder schon eine faustdicke Lebenslüge?

Verständlich, dass da in Vielen die Sehnsucht nach Authentizität wächst, der Wunsch die Masken abzunehmen, echt zu sein – authentisch eben.

Aber geht das überhaupt – und wenn ja wie?

Das Internet macht das Dilemma nicht unbedingt lösbarer. Es erlaubt uns die Anonymität ebenso wie eine Art digitales Vexierspiel aus den verschiedenen Facetten unserer Persönlichkeit: Auf Facebook der coole Mensch mit dem aufregenden Partyleben, auf Xing und Linkedin ganz Profi: nüchtern, sachlich, seriös.

Egomarketing ist heute das was zählt:
der eigene Ruf, das virtuell designte Image wird für den Erfolg immer wichtiger und die Optimierung des Selbst und der passenden Fassade dazu avanciert zum wichtigen Karrierefaktor.

Oft ist das, was dabei herauskommt, sogar perfekter als das Original. Das wirft Fragen auf:

  • Was davon ist dann noch real?
  • Wie lange bleibt derjenige, der so handelt, selbst noch echt?
  • Wo endet die noch zulässige Eigenwerbung und wo beginnt der opportune Bluff?

Tatsächlich empfinden viele ihr Gegenüber schon dann als glaubwürdig, wenn sich der- oder diejenige ihren eigenen Vorstellungen entsprechend verhält. Menschen mit Ecken und Kanten dagegen sind latent verdächtig, etwas im Schilde zu führen. So kommt es zu der grotesken Situation, dass am Ende diejenigen als besonders authentisch empfunden werden, die ihre Rolle besonders überzeugend spielen.

Unsere Persönlichkeit ist allerdings kein zementierter Zustand. Vielmehr verändern wir unsere Identität im Schnitt alle 20 Jahre, so jedenfalls das Ergebnis einer Studie von Margaret King und Jamie O’Boyle. Danach liegen die typischen Anpassungsphasen in etwa im Lebensalter zwischen 15 und 20, 35 bis 40, 55 bis 60 sowie über 75 Jahren.

Der abgeschlossene, fertige Mensch, der so ist, wie er ist, ist also eine Illusion

Um authentisch zu wirken, brauchen wir eine Kongruenz zwischen dem, was wir über uns selbst glauben, wer wir sind, wofür wir stehen und zwischen unserem Handeln. Da wir dies allerdings auch bewusst herstellen können, sind wir auch dazu in der Lage dies vorzugeben, wenn wir in einer Rolle gut wirken wollen. Daher ist das Thema Authentizität auch mit Vorsicht zu betrachten.

Mehr dazu in meinem Blog Das Dilemma mit der Authentizität.

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